Der Bundesfinanzminister hat vor einem haushaltspolitischen Eisberg gewarnt, auf den die deutsche Volkswirtschaft zusteuere. Roland Koch, der frühere hessische Ministerpräsident, bezeichnet diese Warnung in einem Kommentar als „erschreckend unvollständig“.
Sie sei Teil einer systematischen Verschleierung der Lage der Staatsfinanzen. Koch verweist auf die kürzlich erfolgte Stellungnahme des Bundesrechnungshofes zum Bundeshaushalt 2024, in der es heißt: „Die Kreditaufnahmen bzw. beschlossenen Kreditermächtigungen der Jahre 2020 bis 2023 betragen rund 850 Mrd. Euro. Die Dynamik der Neuverschuldung ist beispiellos. Innerhalb von drei Jahren wurden Maßnahmen beschlossen, die den bis zum Jahr 2019 aufgebauten Schuldenberg des Bundes um 60 Prozent auf mehr als 2,1 Billionen Euro erhöhen können. Die Zinslasten als ‚Preis‘ der Verschuldung rauben dem Bund letzte verbliebene Haushaltsspielräume. Die zu den Zinszahlungen hinzutretende Tilgung der Krisenkredite haben künftige Generationen als weitere Bürde zu tragen.“ Koch vergleicht den scheinbar geordneten Zustand der Staatsfinanzen mit der vermeintlich sicheren Fahrt der „Titanic“: „Tatsächlich steuern wir gerade in eine ernstzunehmende strukturelle Wirtschaftskrise, kombiniert mit einer völligen Überdehnung der Schuldenfinanzierung unserer Haushalte. Zwei Konsequenzen dieser jetzt bereits unumkehrbaren Entwicklung werden uns herausfordern. Die eine ist der durch diese Fiskalpolitik ausgelöste Inflationsdruck, der den Bemühungen der Notenbanken zuwiderläuft. Zum anderen wird eine zu erwartende Haushaltskonsolidierung in schwerste politische Auseinandersetzungen führen.“ Eine Kursänderung sei nicht in Sicht. Die Regierung verfolge weiter den gefährlichen Politansatz, jedes Problem mit Geld lösen zu wollen. In diesem Sinne gebe es noch weitere „Eisberge“. Koch nennt das Sondervermögen der Bundeswehr, das zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt werde. In Wahrheit fehlten allein für die Verteidigung ab 2026 rund 30 Mrd. Euro jährlich. Weitere Beispiele seien die steil steigenden Kosten der Rentenversicherung und die Zweckentfremdung des Klimafonds, die weitere 60 Mrd. Euro kosten würden. Koch weiter: „Die Situation der Staatsfinanzen erfordert unverzügliches Handeln. Von diesem zweiten Teil der Zeitenwende, die eine ebenso große mentale Veränderung in unserem Land erfordert, wird sich niemand drücken können: Wir werden schnell lernen müssen, mit weniger Ausgaben bessere Leistungen zu erbringen. Die Wirtschaft kennt das. Nicht das geringste wird dazu im Augenblick vorbereitet.“