20.12.2021 „Kranker Mann Europas“?

Die konjunkturelle Erholung in Deutschland ist im Oktober fast zum Stillstand gekommen. Das hat eine Umfrage von IHS Markit bei 800 Industrie- und Dienstleistungsunternehmen ergeben. Der Rückgang lässt auf eine beginnende Stagnation im vierten Quartal schließen. Als besorgniserregend bewertet Markit, dass die Wachstums-Verlangsamung mit steigenden Ein- und Verkaufspreisen für die Unternehmen zusammenfalle.

 Ursächlich für die konjunkturelle Abkühlung seien „Engpässe bei Vorprodukten und die daraus resultierende Nachfrageschwächung im Automobilsektor“. Da nicht absehbar ist, wann sich die logistischen Staus auf den Weltmeeren und der Mangel an Halbleitern auflösen werden, sinkt in der Wirtschaft die allgemeine Zuversicht. Auch die Daten im gesamten Euro-Raum erscheinen eher ernüchternd. So ist der EU-Konjunkturindikator auf ein Sechsmonatstief gefallen. Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie ist im Oktober massiv eingebrochen. Die Exporterwartungen sind von 20,5 Punkten im September deutlich gefallen auf 13,0 Punkte, den schlechtesten Wert seit Februar 2021. Verschärft wird die Lage durch die heranrollende vierte Corona-Welle, deren Auswirkungen und Belastungen für die Unternehmen derzeit nicht absehbar sind. Die EU-Kommission rechnet für das laufende Jahr mit einem durchschnittlichen realen BIP-Wachstum im Euroraum von 5,0 %. Deutschland liegt mit 2,7 % am Ende der EU-Prognoseskala für 2021. Ob sich die optimistischen Wachstums-Prognosen für 2022 tatsächlich bestätigen werden, erscheint aus heutiger Sicht zweifelhaft. Angesichts der im Vergleich zu anderen Ländern der Euro-Zone schwachen Konjunkturdaten wird in London und Paris inzwischen schon wieder das Klischee von „Deutschland als krankem Mann Europas“ kolportiert.

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