Das Geld ist weg

Die Politik zieht alle verdeckten Register, um die Größenordnung der im Feuer der Euro-Rettung stehenden deutschen Steuergelder zu verheimlichen. Das Festhalten an Fiktionen und Illusionen soll den Bürgern den Schock höchst unwillkommener Realitäten ersparen.

Doch irgendwann wird die Stunde der Wahrheit kommen. Kein Mensch scheint mehr einigermaßen exakt zu wissen, wieviel deutsche Steuergelder im Zusammenhang mit der Euro-Rettung im Feuer stehen.  Die Bundesregierung tut alles, um die Bevölkerung nicht mit unliebsamen Fakten und Wahrheiten zu beunruhigen. Weder im Koalitionsvertrag noch in der jüngsten Regierungserklärung ist das Thema auch nur eines Wortes gewürdigt worden. Die meisten der ansonsten stets wissbegierigen Medien entwickeln bei dieser existentiellen Problematik erstaunlicherweise kaum Ehrgeiz zur Recherche. Bei der Deutschen Bundesbank hält sich die Neigung zur diesbezüglichen Aufklärung und Transparenz ebenfalls  in verdächtig engen Grenzen. Auch deswegen wächst bei kritischen Zeitgenossen hierzulande das mulmige Gefühl, dass die Entwicklung eventuell  längst außer Kontrolle geraten ist. Die verheimlichte Dimension der Maximalrisiken aus dem EZB-Ankauf von Staatspapieren, den Target2-Salden sowie den offiziellen und inoffiziellen Darlehen, Bürgschaften und sonstigen Leistungen an die südlichen Schuldenländer könnte – wenn sie denn bekannt würde – eine politisch naturgemäß unerwünschte Katastrophenstimmung auslösen. Ob diese Gefahr die Regierenden dazu berechtigt, unpopuläre Wahrheiten nach opportunistischem Gutdünken zu unterdrücken, erscheint staatsphilosophisch mehr als zweifelhaft. Gleichwohl versteckt man sich offiziell immer noch hinter der Fiktion, dass die deutschen Forderungen schließlich irgendwann von den Schuldnerländern bedient würden. Das ist ja auch immer wieder z.B. von griechischen Ministerpräsidenten eindrucksvoll versprochen worden. Die Frage ist, wie lange die de facto auf „weiter so!“ setzende Bundesregierung mit diesem Illusionstheater noch durchkommt. Es ist offenbar unabhängigen Ökonomen vorbehalten, den äußerst problemträchtigen Wahrheiten die Ehre zu geben. So beantwortet  Prof. Hans-Werner Sinn die Frage nach den im worst case auf die Bundesrepublik zukommenden Risiken in desillusionierender Offenheit: „ Die Target-Risiken bestehen meines Erachtens nicht. Das Geld ist nämlich schon weg. Wenn ich 923 Mrd. Euro Forderungen habe, die derzeit zu Null verzinst werden, die irgendwann vielleicht einmal wieder einen positiven Zinssatz haben, der dann aber von der Mehrheit der im Ausland überschuldeten Länder des Euroraums bestimmt wird (Hauptrefinanzierungssatz), und ich die Forderungen nicht fällig stellen kann, dann muss ich sie eigentlich schon jetzt abschreiben. Mit dem Zusammenbruch des Systems sind die bereits wertlosen Forderungen dann nochmal weg. Und die Waren und Vermögenswerte, die dafür hergegeben wurden, sind ohnehin schon lange weg. Der einzige Wert der Target-Forderungen liegt darin, dass Deutschland sie moralisch geltend machen und somit vielleicht andere Forderungen abwehren kann. Im Haushalt schlagen sich die Verluste durch das Verschwinden des größten Teils des an den Bund überwiesenen Bundesbankgewinns nieder, und zwar in alle Ewigkeit.“

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