Wohl nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik stand der Versuch einer Regierungsbildung so stark unter dem Einfluss persönlicher Motive und Intentionen der Verhandlungsführer. Nach jetzigen Erkenntnissen hat Angela Merkel erstaunliche Zugeständnisse gemacht, um das Risiko von Neuwahlen mit Konsequenzen für die Fortsetzung ihrer Kanzlerschaft auszuschließen.
Martin Schulz, dem zuvor keine persönliche Glaubwürdigkeits-Volte zu peinlich war, um sich ein Amt zu sichern, hat die Union mit dem Hinweis auf die wie ein Damokles-Schwert allgegenwärtige Mitgliederbefragung auf clevere Weise genötigt und erpresst. Und Horst Seehofer war offenbar dankbar, dem anderenfalls wohl unvermeidlichen Ruhestand durch ein Ministeramt in Berlin zu entgehen. Diesem Kräfte-Parallelogramm persönlicher Wünsche und Ziele sind politische Notwendigkeiten offenbar konsequent untergeordnet worden. Bismarck hat angemerkt, Politik sei die Kunst des Möglichen. Sein Maßstab waren dabei die übergeordneten Interessen des Staates. Heute scheint nur noch der Machterhalt von Parteien und Politikern im Mittelpunkt zu stehen.