Die Spaltung Europas
Die ebenso plan- wie erfolglose Euro-Retterei ist dabei, den Kontinent nach-haltig zu spalten. Damit wird nicht nur der viel zitierte Beitrag zur europäi-schen Friedenssicherung konterkariert, sondern auch die seit Kriegsende müh-sam aufgebaute Völkerverständigung in Europa.
Nach Einschätzung des „Focus“ hat die dreijährige „Hilfshek-tik“ dazu geführt, dass der Norden den Süden verachte und der Süden den Norden hasse. Die einen wollten nicht mehr zahlen und seien wütend, „ver-antwortungslose Verschwender“ ret-ten zu müssen. Die anderen wollten nicht mehr sparen und „damit für die Fehler ihrer korrupten Polit-Wirtschaftskaste büßen“. All das för-dere den Zulauf für Rechts- und Links-extremisten. Das Blatt weiter: „Die Kombination aus Zwangssparen, Wohlstandsverlust und Radikalisierung droht, das System der parlamentari-schen Demokratie zu sprengen.“ Und: „Der Euro, unter dem wir heute leiden, ist nichts anderes als eine Gemein-schaftswährung, in die zusammenge-pfercht wurde, was niemals zusam-mengehört hätte: Starke und Schwa-che, Solide und Verschwender, Re-formbereite und Ewig-Verkrustete. Mit der Folge, dass überforderte Politiker heute über Milliarden-Finanzpakete entscheiden müssen, die sie nicht ein-mal im Ansatz verstehen.“
Kartell des Schweigens
Im Frühsommer mehrten sich in Berlin die Stimmen, die offen für einen ge-ordneten Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone votierten. Seit August aber scheinen sich alle deutschen „Spitzenpolitiker“ zu einem irrationa-len „Weiter so“ verschworen zu ha-ben. Was hat diesen dubiosen Mei-nungswechsel im gespenstisch ruhigen Sommer 2012 verursacht? Der Bundes-tagsabgeordnete Gregor Gysi hat kürz-lich vor dem deutschen Parlament behauptet, die Regierung Merkel sei bei ihrem letzten Staatsbesuch in Pe-king von der chinesischen Regierung „gebeten“ worden, einen Austritt Griechenlands unter allen Umständen zu verhindern. Grund dafür sei die Sor-ge, dass der Wert der mittlerweile extrem hohen Euro-Devisenbestände Chinas anderenfalls massiv leiden würde. Angeblich soll die chinesische Regierung damit gedroht haben, bei Nichtbefolgung ihrer „Bitte“ die Ge-meinschaftswährung durch massen-haften Verkauf in schwere Turbolen-zen zu stürzen. Gysis Behauptungen sind bis heute von der Bundesregie-rung weder kommentiert noch demen-tiert worden.
Steuererhöhung zur Euro-Rettung?
Allmählich dämmert es der Allparteien-Koalition von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen, dass die Euro-Rettung den Deutschen eine unabsehbare Reihe desaströser Zahltage bescheren wird. Daher greift man jetzt wieder zurück auf die vielfach gescheiterten Instru-mente aus der sozialistischen Motten-kiste: Steuererhöhung heißt das Zau-berwort. Nun ist allgemein bekannt, dass die 20 % meistverdienenden Deutschen schon heute über 70 % der gesamten Einkommenssteuer aufbrin-gen. Gleichwohl sind vor allem Stein-brück und Trittin dabei, mit einem Sammelsurium an steuerlichen Folter-werkzeugen dem Mittelstand den Rest zu geben. Dazu gehören deutliche Anhebungen der Einkommens- und Abgeltungssteuer, die Wiedereinfüh-rung der Vermögenssteuer und die Streichung der vor wenigen Jahren beschlossenen Vergünstigungen bei der Vererbung und Fortführung von Familienbetrieben. Darüber hinaus denkt die Nomenklatura in Berlin der-zeit über zusätzliche Instrumente wie Zwangsanleihen und Zwangshypothe-ken nach, die bisher nur in historischen Extremsituationen wie der Nach-kriegszeit eingesetzt worden sind.
„Der Zorn der Bürger“
Der Austritt Deutschlands aus dem Euro erscheint immer mehr als das kleinere Übel unter den noch verblie-benen Optionen. Diese Meinung wird mittlerweile auch zunehmend von renommierten Volkswirten vertreten. So verweist der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg darauf, dass den Deutschen bei Einführung der Gemein-schaftswährung versichert worden sei, Beistandszahlungen seien genauso verboten wie eine Staatsfinanzierung durch die EZB. Beide Versprechungen hätten sich inzwischen als Lügen er-wiesen. Damit sei die Geschäftsgrund-lage für den Euro entfallen. Zu dem immer wieder kolportierten Argument, der deutsche Export werde durch die mit einem Austritt verbundene Auf-wertung gefährdet, merkt Prof. Hom-burg an: „Volkswirtschaftlich sind ho-he Exporte kein eigenständiges Ziel. Schon gar nicht, wenn auf Pump ex-portiert wird und wir die Kredite dann an uns selbst zurückzahlen. Dies ist ein unsinniges Schneeballsystem, eine Wohlstandsillusion. Im Grunde könn-ten wir viele Exportgüter gleich ver-schenken.“ Und weiter: „Auf Dauer gesehen ist ein Verbleib im Euro teurer als ein Ausscheiden, weil wir weiterhin gutes Geld dem schlechten hinterher-werfen. Außerdem entstehen die Kos-ten nicht durch den Austritt. Die Kos-ten sind schon entstanden, sie werden beim Austritt nur aufgedeckt. Die Poli-tik will die Kosten aber nicht aufde-cken, weil sie den Zorn der Bürger fürchtet. Sie will die Probleme so lange wie möglich verschleiern und uns weismachen, durch den Fiskalpakt werde alles gut. Dabei ist klar, dass der Fiskalpakt ebenso wenig funktionieren wird wie der 20 Jahre alte Stabilitäts-pakt, der ständig gebrochen wurde.“ Außerdem spricht sich der Ökonom für geordnete Staatsinsolvenzen der über-schuldeten Südländer aus. Die gegen-wärtigen rechtswidrigen Beistandszah-lungen verringerten den Anreiz zur Selbsthilfe. Insofern würden Domino-effekte durch die Rettungspolitik nicht verhindert, sondern geradezu herbei-geführt.