Wenn ausländische Spitzenpolitiker eine „Vertiefung“ der EU fordern, ist für deutsche Steuerzahler Gefahr im Verzuge. So verlangt die Europäische Kommission mit ihrem neuen „Reflexionspapier zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion“ eine Verlagerung von Staatsausgaben auf die europäische Ebene.
Dabei geht es um einen europäischen Finanzminister mit eigenem Euro-Budget, um gemeinsame soziale Absicherungssysteme, eine gemeinsame Einlagensicherung und die gemeinsame Haftung für Euro-Bonds. Damit würde die aus deutscher Sicht verheerende Festschreibung einer Transfer- und Schuldenunion mit der Bundesrepublik als allseits verpflichtetem Zahlmeister brutale Realität. Vor allem der neue französische Staatspräsident scheint in dieser Sanierung zulasten Dritter einen eleganten Weg zu sehen, um seinem Land überfällige und unpopuläre Strukturreformen ersparen zu können. Hans-Werner Sinn sieht diese Absichten außerordentlich kritisch. Macron plane ein großes Transferprogramm, um Steuermittel und Bonität vom Norden in den Süden Europas zu übertragen. Ein Negativbeispiel für verpasste Reformen sei Griechenland, das von der EZB und dem Rettungsschirm Transferzahlungen im Wert von 36 Marshallplänen erhalten habe. Davon seien zu je einem Drittel die Banken gerettet, der griechische Lebensstandard gehalten und – „perverserweise“ – ausländische Investitionen finanziert worden. So hätten griechische Wohnungsbaugesellschaften in Berlin Immobilien gekauft. Vor diesem Hintergrund empfiehlt Sinn Frankreich wirkliche Strukturreformen in Sinne einer Agenda 2010. Generell könne Europa nur funktionieren, wenn jedes Land für seine Verpflichtungen selbst einstehe.