EZB auf Geisterfahrt

Die offenbar bewusste Opferung von seit Jahrzehnten bewährten marktwirtschaftlichen Überzeugungen und Regeln auf dem Altar euroromantischer Fiktionen und Wunschvorstellungen wirft bei Banken, Unternehmen und Privatleuten zunehmend die Frage nach Vermeidungsstrategien auf.

Die hiesigen Banken suchen derzeit mit Hochdruck nach Alternativen zur 1:1-Weiterberechnung der von der EZB erzwungenen Strafzinsen an ihre vermögenden Firmen- und Privatkunden. Vor diesem Hintergrund wächst die Neigung der Banken, selbst Gelder zu horten. Laut Bundesbank liegen derzeit 37,4 Mrd. Euro an Bargeld in den Tresoren der Institute. Das entspricht dem Doppelten der 2016 gehorteten Summe. Bei vielen Banken sollen die Limits der maximal versicherten Beträge bereits erreicht sein. Ein weiteres Vor-Krisen-Symptom dürfte in der sprunghaft steigenden Nachfrage nach Bankschließfächern zu sehen sein. Viele Privatkunden scheinen entschlossen zu sein, die Belastung mit Strafzinsen durch zeitnahe Barabhebungen zu unterlaufen. Derzeit werden, wenn überhaupt, Bareinlagen ab 100.000 Euro durch „Verwahrgebühren“ gemindert. Bei vielen Banken wird noch versucht, aus psychologischen und praktischen Gründen systemwidrige Strafzinsen durch mehr oder weniger versteckte Gebührenerhöhungen zu vermeiden. Das nicht ausschließbare Risiko, dass Strafzinsen schlimmstenfalls zu einem gefährlichen Bank Run führen könnten, bereitet in den Führungsetagen erhebliche Sorgen. Fast ein Sechstel des insgesamt 6,2 Billionen umfassenden Geldvermögens ist derzeit auf unverzinsten Girokonten geparkt.

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