Gleichheit oder Gerechtigkeit?

In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder ein angeblich unüberbrückbarer Gegensatz zwischen Wirtschaft und sozialer Sicherheit konstruiert. Gestützt wird diese Legendenbildung häufig mit dem ideologischen Verweis auf vermeintlich grundsätzliche Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten.

Nun hat Ludwig Erhard ja nie behauptet, mit der sozialen Marktwirtschaft die absolute Gleichheit aller Bürger erreichen zu können oder zu wollen. Stattdessen setzt dieses System bekanntlich auf möglichst weitgehende Chancengleichheit und eine umfassende soziale Grundversorgung. Es bleibt daher den planwirtschaftlich geprägten Akteuren vorbehalten, sich die in der historischen Realität vielfach gescheiterte Utopie der totalen Gleichheit auf die Fahnen zu schreiben. Wer das für ein zukunftsfähiges Modell hält, wird die maximale und permanente Umverteilung als „Erfolgsmodell“ propagieren. Nur am Rande: Im Jahr 2020 ist der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am deutschen Volkseinkommen mit 73,4 % auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung gestiegen. Damit ist das von linken Parteien mit Slogans wie „Zeit für Gerechtigkeit“ gepflegte Narrativ, die Arbeit und Lebensbedingungen würden hierzulande immer ungleicher und ungerechter, auch statistisch widerlegt worden. Während die Unternehmens und Vermögenseinkommen in Corona-Jahr 2020 um 7,5 % einbrachen, sanken die Arbeitnehmerentgelte lediglich um 0,5 %. Um Fehlinterpretationen vorzubeugen: Bei dieser Entwicklung handelt es sich nicht um ein krisenbedingtes Ausreißer-Jahr. Richtig ist vielmehr, dass in sechs der letzten acht Jahre die Arbeit-nehmerentgelte stärker zugelegt haben als die Unternehmens und Vermögenseinkommen. Doch auch diese Fakten werden nach Lage der Dinge von den parteipolitischen Spin-Doktoren routiniert verdrängt. Außer der ebenso populistischen wie ritualisierten Forderung, „jetzt endlich auch die starken Schultern“ mit noch höheren Steuern zu belegen, scheint es an überzeugenden Wahlkampf-Argumenten zu mangeln.

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