Italienische Momente

In Italien könnte für die europäische Gemeinschaftswährung schon bald die Stunde der Wahrheit schlagen. Die historisch einzigartige Koalition zwischen der Lega und der 5-Sterne-Bewegung, der mittlerweile 60% der Wählerstimmen zugerechnet werden, scheint die Belastbarkeit der nördlichen Euro-Mitgliedsländer konsequent testen zu wollen. Das bereits mit 2,3 Billionen Euro (133,4 % des BIP) hoch verschuldete Land will offenbar alles tun, nur nicht sparen.

Das Füllhorn der Wahlversprechen umfasst die Einführung eines Grundeinkommens und Rentenerhöhungen bei gleichzeitigen Steuersenkungen. All das würde die Neuverschuldung um über 100 Mrd. Euro und das Haushaltsdefizit um mehr als 230 Prozent explodieren lassen. Damit würden die Stabilitätskriterien von Maastricht endgültig zur Makulatur. Dem an sich zu erwartenden Druck der EU-Kommission baut die italienische Regierung schon jetzt vor. Ganz unverhohlen droht man mit einem Austritt aus dem Euro. Das Beispiel Griechenlands hat gezeigt, welches Erpressungspotenzial solche taktischen Sandkastenspiele eröffnen. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass die populistischen Parteien in Rom von ihrer eigenen Propaganda eingeholt werden und sich der Eigendynamik der Entwicklung beugen müssen. Beppe Grillo, der Chef der Regierungspartei M5S, hat kürzlich erneut ein Referendum über den Austritt des Landes aus dem Euro sowie – bewusst mehrdeutig – „einen Plan B, was die Währung angeht“ gefordert. Aus heutiger Sicht ist eher anzunehmen, dass sich die euromantischen Entscheider in Brüssel, Berlin und Paris der massiven italienischen Nötigung mit unkalkulierbaren Zugeständnissen beugen werden, um den „Sündenfall“ zu verhindern. Sollte es Grillo dagegen doch ernst meinen mit seinem Referendum, so könnte das von Herrn Hellwig nahezu ausgeschlossene Szenario einer italienischen Staatspleite schnell Realität werden. Europapolitisch präsentiert sich diese Alternative als Wahl zwischen Pest und Cholera.

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