„Konstruktive Mehrdeutigkeit“

Die griechische Tragödie geht weiter. Ein erstaunlich unkritischer Bundestag hat den mehr als faulen Verhandlungskompromiss, den Athen mit Brüssel erreicht hat, mit großer Mehrheit ziemlich entspannt durchgewunken.

Als generöse Gegenleistung angeboten hatte die neue griechische Regierung blanke Selbstverständlichkeiten wie die Bekämpfung von Benzin- und Zigarettenschmuggel sowie die löbliche Absicht, bestehende Steuergesetze anzuwenden. Gleichwohl wurde dieses Minimal-Ergebnis von den beiden Seiten höchst unterschiedlich ausgelegt. Der griechische Finanzminister sprach noch am Abend der angeblichen Einigung von einer „konstruktiven Mehrdeutigkeit“. Mit Hinweis auf „die leeren Kassen“ hat er den Deal als „Feigenblatt“ bezeichnet. Und der Ministerpräsident schwadronierte über einen Krieg, den sein Land mit Europa führe. Die Vereinbarung erlaube, „die Sparpolitik hinter sich zu lassen“. Juristen sprechen in solchen Fällen normalerweise von offenem Dissens und Insolvenzverschleppung. Mit seiner Zustimmung hat das deutsche Parlament den Willen des Volkes eklatant missachtet. Denn: Nur jeder fünfte Bundesbürger ist – einer Umfrage zufolge – für die von der griechischen Regierung beantragte Verlängerung der Finanzhilfen. Und noch vor der Abstimmung im Bundestag wurde bekannt, dass Hellas bis zum Sommer ein weiteres Hilfspaket in Höhe von 30 bis 40 Mrd. Euro benötigen wird. Zusätzlich bringt Athen immer wieder einen neuen Schuldenschnitt ins Spiel. Der Sozialdemokrat Romano Prodi, früherer Präsident der Europäischen Kommission, hat im Klartext festgestellt: „Jeder weiß doch, dass Griechenland seine Schulden niemals zurückzahlen wird.“ Nur die Bundesregierung scheint das nicht zu wissen. Als Namen für eine neue griechische Währung hat ein Spaßvogel übrigens „Fiasko“ vorgeschlagen. Ein „Fiasko“ setzt sich aus 100 Debakeln zusammen …

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