Kreative Interpretation

Der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat im Juni in München unter der verheißungsvollen Ankündigung „Why Germany can not and should not pay to save the Eurozone“ einen Vortrag gehalten.

Wer aufgrund dieser Themenvorgabe eine 180- Grad-Wendung des umtriebigen Hellenen erwartet hatte, sah sich allerdings getäuscht. Der einstige Lieblingsfeind des einstigen deutschen Finanzministers Schäuble nutzte den Auftritt zunächst für eine Fundamentalabrechnung mit der europäischen Währungsunion, die er als Fehlkonstruktion bezeichnete. Deutschland könne nicht „die gesamte Eurozone“ retten. Sein nicht ganz neues Konzept: Die EZB solle eigene Anleihen auf den Finanzmarkt bringen. Die von den Schuldenländern immer wieder geforderte Einführung von Euro-Bonds ist bisher von deutscher Seite bekanntlich  abgelehnt worden, weil Deutschland damit auf einer weiteren Schiene als europäischer Generalzahlmeister institutionalisiert würde. Varoufakis empfahl in dem Zusammenhang „eine kreative Interpretation“ der Maastricht-Regeln, was den ebenfalls anwesenden ifo-Präsidenten Clemens Fuest zu dem trockenen Kommentar veranlasste: „Wenn man Kreativität und die EZB in einem Atemzug erwähnt, werden die Menschen in Deutschland nervös.“

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