Kurswechsel in Berlin?

Noch unklar sind die Hintergründe der ungewöhnlichen Nordländer-Initiative, die sich als historische Wendemarke zur EU-Rettung im Rahmen der ursprünglich vereinbarten Ziele und Strukturen erweisen könnte.

Deutschland, das bisher auch als Sachwalter nordeuropäischer Interessen anerkannt war, ist bemerkenswerterweise an dem Papier nicht beteiligt. Man darf wohl annehmen, dass Auslöser dieser konzertierten Aktion die Sorge der acht Nordländer um einen Kurswechsel der neuen Bundesregierung ist. In der Tat signalisiert der in diesem Punkt noch von Martin Schulz diktierte Koalitionsvertrag eine fatale Bereitschaft, den Vorstellungen von Macron und Juncker in Richtung auf eine Transfer- und Schuldenunion nicht mehr allzu viel Widerstand entgegenzusetzen. Vor diesem Hintergrund merkt ein Redakteur der „Wirtschaftswoche“ kritisch an: „Deutschland ist das einzige Land der Welt, dessen Bürger darauf bauen müssen, dass ihre Interessen von anderen Regierungen wahrgenommen werden.“ Und die FAZ kommentiert: „Jetzt fürchten die Acht aus dem Norden, von den großen Ländern Frankreich und Deutschland unter Führung von Paris überrollt zu werden. Die Acht fordern die Einhaltung der Regeln der Währungsunion und des Stabilitätspakts, sie lehnen zusätzliche ‘Stabilisierungsmittel’ für die Kommission ab und sie wollen, dass bei der Weiterentwicklung der Eurorettungsfonds die Entscheidung klar in den Händen der Mitgliedstaaten bleiben. Klugerweise möchten sie auch keine Vergemeinschaftung nationaler Einlagensicherungssysteme, bevor der gigantische Berg fauler Kredite in südeuropäischen Bankbilanzen abgebaut ist.“

Related Articles