Deutschland ist dabei, sein wirtschaftliches Erfolgsmodell zu verspielen. Die Lohnkosten steigen hierzulande seit fünf Jahren schneller als im EU-Schnitt, obwohl die Produktivität stagniert. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hat sich die Prodiktion in der deutschen Industrie, gemessen an den Lohnstückkosten, allein zwischen 2007 und 2014 um 13 % verteuert.
Dabei sind die relativ starken Lohnsteigerungen der Jahre 2015 und 2016 infolge der hohen Tarifabschlüsse nicht einmal berücksichtigt. Auch bei der Entwicklung der Lohnnebenkosten (Kranken-, Renten und Arbeitslosenversicherungen) nimmt Deutschland einen unrühmlichen Spitzenplatz ein. Die Abkoppelung der Lohnstückkosten von der Produktivität untergräbt die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort. Die Metall- und Elektroindustrie beklagt, dass die Löhne seit 2010 um 19 % gestiegen seien, die Produktivität aber nur um 5 %. In keinem anderen großen Industrieland sei die Arbeit so teuer wie in Deutschland. Derzeit überdeckt der schwache Euro noch die strukturellen Schwächen. Auf Sicht besteht jedoch die Gefahr, dass die Bundesrepublik zurückfällt in vergangene Zeiten. Das IW fordert in dem Zusammenhang eine neue wirtschaftspolitische Agenda mit einer steuerlichen Förderung von Forschungsausgaben, der Bindung von Lohnsteigerungen an die Produktivität und ein Einwanderungsgesetz, das dringend gesuchte Fachkräfte ins Land hole, nicht aber Einwanderer in die sozialen Sicherheitssysteme.