Ohne Mandat

Der Ökonom Hans-Werner Sinn hat vor gefährlichen Tricks der EZB bei der neuen Phase ihrer expansiven Geldpolitik gewarnt. Christine Lagarde werde durch den von ihrem Vorgänger herbeigeführten Ratsbeschluss gezwungen, eine Inflationierung der Euro-Zone in Höhe von 1,9 % „symmetrisch“ anzustreben.

Da die Inflationsrate bisher erheblich niedriger lag, sind damit Tür und Tor für deutlich höhere Werte zur Erreichung eines langfristigen Mittelwertes geöffnet. Das Argument, dass eine expansive Geldpolitik der europäischen Wirtschaft aus dem gegenwärtigen Konjunkturtief helfe, hält Sinn für nicht tragend, weil gerade die deutsche Industrie vom globalen Export lebe. Der Boom bei Bau und Dienstleistungen habe erhebliche Lohnsteigerungen ausgelöst. Der damit verbundene Kostendruck beschere der Industrie zusätzliche Sorgen. Draghi wird als EZB-Präsident mit fortgesetzter, vorsätzlicher Amtsanmaßung in die Geschichte eingehen. Vor diesem Hintergrund stellt Hans-Werner Sinn fest: „Es zeigt sich einmal mehr, dass die EZB ihre Hände von der Wirtschafts- und Wechselkurspolitik lassen sollte. Dafür hat sie weder ein Mandat noch eine hinreichende politische Kompetenz“. Und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat die neue EZB-Chefin Lagarde bei ihrem An-trittsbesuch in Berlin nicht ohne Grund aufgefordert, die Arbeit der Zentralbank strikt auf die Geldpolitik zu beschränken. Der frühere leidgeprüfte Bundesfinanzminister fügte hinzu: „Denn eine unabhängige Notenbank ist demokratisch nur zu verantworten, wenn sie ein begrenztes Mandat hat“. Dieses wegweisende Statement dürfte weder in Brüssel noch in Paris, Rom und Athen Beifallstürme ausgelöst haben.

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