Realitäten
Weitgehend unbeachtet von den deut-schen Medien hat das ifo-Institut kürz-lich eine düstere Zwischenbilanz der bisherigen Kosten und Haftungsrisiken der Euro-Rettung gezogen. Danach haftet Deutschland schon heute mit 379 Mrd.
Euro für die künstliche Be-atmung der faktisch gescheiterten Gemeinschaftswährung. Addiert man die zusätzlich in Aussicht gestellten Rettungsgelder und die Target 2-Risiken hinzu, so könnten insgesamt 513 Mrd. an (nicht vorhandenen) deut-schen Steuergeldern im Feuer stehen. Dazu ifo-Chef Hans-Werner Sinn: „Es ist keine Illusion, es sind keine irrele-vanten Salden, es sind keine Verrech-nungsposten. Es sind Lebenswirklich-keiten, die sich hinter diesen Zahlen verbergen.“
„Starkes Signal“
Deutschland soll Zahlmeister für euro-päische Arbeitslose werden. Das for-dert zumindest der EU-Sozialkommissar Laszlo Andor mit Unterstützung Frankreichs und Itali-ens. Die französische Regierung ka-schiert den gewünschten Zugriff auf die deutsche Staatskasse mit der heh-ren Umschreibung: „Die Vergemein-schaftung der nationalen Ausgaben für die Arbeitslosenversicherung in der Euro-Zone wäre ein starkes Signal der Integration und Solidarität.“ Durch dieses Selbstbedienungsmodell würde die im Maastricht-Vertrag ausdrücklich ausgeschlossene Transferunion über die Hintertreppe realisiert. Als erste „Abwehrreaktion“ hat das Bundesar-beitsministerium in einer beinharten Stellungnahme erklärt: „Gegen die Idee der Einführung einer europäi-schen Arbeitslosenversicherung beste-hen in der Bundesregierung Beden-ken.“
Subventionen
Der Online-Händler Zalando ist einer der größten Subventionsempfänger im deutschen Einzelhandel. Nach Recher-chen der „Wirtschaftswoche“ wurden dem Unternehmen in den letzten Jah-ren Fördermittel von über 35 Mio. Euro bewilligt. So kamen vom Land Thüringen Gelder in Höhe von 22,4 Mio. Euro für die Ansiedlung des Zalando-Logistikzen-
trums in Erfurt. Das Land Berlin spen-dierte zwischen 2010 und 2013 Investi-tionszuschüsse von 10,6 Mio. Euro. Und das Land Brandenburg legte 2,5 Mio. Euro für ein weiteres Logistik-zentrum im Havelland auf den Tisch. Von Politikern aller Lager wird diese Subventionierung meist mit den Zielen der Wirtschaftsförderung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze ge-rechtfertigt. Kritisch im Sinne der marktwirtschaftlichen Ordnung sind solche staatlichen Eingriffe allerdings immer dann, wenn sie zu Wettbe-werbsverzerrungen am Markt und zu ungerechtfertigten Vorteilen für die Kapitaleigner führen. Die Krisenbran-che Einzelhandel hat derzeit alle Hän-de voll zu tun, um der massiven Ver-drängung durch die Online-Händler standzuhalten. In einer solchen Lage sollte die Waffengleichheit durch staatliche Eingriffe nicht weiter zu-gunsten der Großanbieter verschoben werden. Voraussichtlich noch in die-sem Herbst werden die Zalando-Gründer ihr Unternehmen an die Börse bringen und – auch zulasten der Steu-erzahler – Kasse machen.
Schleichende Enteignung
Die deutlich unter der Inflationsrate liegenden Zinsen führen zu einer schleichenden Enteignung der deut-schen Sparer. Die Privathaushalte werden immer mehr zum wirtschaftli-chen Verlierer der Schuldenkrise. Über 40 % des Geldvermögens schlummert hierzulande auf Tagesgeld- oder Spar-konten. Bis Ende 2018 werden die Kontoinhaber durch die Niedrigzinsen etwa 230 Mrd. an realer Kaufkraft verlieren. Dieser „Nebeneffekt“ wird offenbar von der EZB billigend in Kauf genommen. Gleichzeitig wird der volkswirtschaftliche Grundsatz, dass Sparen als Konsumverzicht durch an-gemessene Verzinsung zu honorieren ist, ausgehebelt.
Modell für Schuldenunion?
Die Wiedervereinigung hat die Deut-schen – einer neuen Studie zufolge – bisher rund 2 Billionen Euro gekostet. Davon seien bis zu 65 % in den Sozial-bereich, vor allem in die Rentenanglei-chung, geflossen. Die direkten und ausschließlichen Finanztransfers von West nach Ost beliefen sich auf rund 560 Mrd. Euro. Zwischen 1991 und 2013 flossen jährlich zwischen 8 und 14,5 Mrd. in wachstumsfördernde Maßnahmen für die neuen Bundeslän-der. Insgesamt liegen die Kosten für die Wiederherstellung der nationalen Einheit weit über allen seinerzeit durchgeführten Langzeitprognosen. All das war nur möglich vor dem Hinter-grund eines mit großer Mehrheit aus-gestatteten Konsenses in der Bevölke-rung. Nicht nur in den südeuropäi-schen Ländern liebäugeln jetzt immer mehr Politiker mit der Finanzierung der deutschen Wiedervereinigung als Mo-dell für eine Schulden- und Währungs-union im Euro-Raum.
Spendenmafia
Über 5 Mrd. Euro werden in Deutsch-land jährlich für gemeinnützige und mildtätige Zwecke gespendet. Neben den seriösen Einrichtungen tummeln sich hier immer mehr halbseidene oder gar kriminelle Organisationen, die die gesammelten Spendengelder miss-bräuchlich einsetzen oder gar verun-treuen. Konsequent wird dabei die Mitleids-Klaviatur bespielt, um die Bürger für die angebliche Unterstüt-zung von Kinder- und Tierschutz-Projekten zur Kasse zu bitten. Erleich-tert werden solche Betrügereien durch fehlende Veröffentlichungspflichten im Vereinsrecht. Vor allem die Trans-parenz bei der Verwendung von Spen-dengeldern ist völlig unzureichend. Interessante Informationen über diese skandalöse Grauzone zwischen Ge-meinsinn und Selbstbereicherung bie-tet das Buch „Die Spendenmafia. Schmutzige Geschäfte mit unserem Mitleid“ von Stefan Loipfinger (Knaur Verlag).