Schicksalswahl

Schicksalswahl
„Vor der Bundestagswahl vermittelt die Regierung den Eindruck, die Euro-Krise sei vorbei. Doch die Vertu-schungsstrategie wird sich bitter rä-chen. Im Herbst kommen die ungelös-ten Probleme mit Macht zurück.“ So beschreibt die „Wirtschaftswoche“ die aktuelle Lage der Nation.

Und der bekannte Ökonomie-Professor Wil-helm Hankel bringt die Situation so auf den Punkt: „Der Euro in seiner jetzigen Form hat keine Überlebenschance. Sobald die Bundestagswahl in Deutschland gelaufen ist, droht ein politischer Dammbruch. Wahrschein-lich kommt es zu drastischen Schul-denschnitten, zunächst in Griechen-land, dann in anderen Staaten. Ir-gendwann werden die Bürger der Zah-lerländer das nicht mehr mitmachen.“ Klar ist, dass keines der grundlegenden Probleme der Währungsunion gelöst ist. Die Südländer sind nahezu hoff-nungslos überschuldet und kaum noch wettbewerbsfähig. Nur mühsam hat der EZB-Präsident Anfang Juli einen offenen Flächenbrand mit dem Ver-sprechen langfristig niedriger Zinsen verhindert. Verschärft wird die Lage durch die stark nachlassende Reform-bereitschaft in den Krisenländern und die wachsende Gefahr sozialer Unru-hen.

Stresstest
Das Thema Bankenunion ist im still-schweigenden Konsens der Euro-Länder aus politischer Rücksicht auf die Bundesregierung in den Herbst vertagt worden. Experten bezeichnen Europas Bankensektor als „unterkapi-talisiert, zu groß und mit zu vielen Spielern ohne tragfähiges Geschäfts-modell.“ Die an sich vorgesehenen Stresstests sind ebenfalls aus wahltak-tischen Gründen verschoben worden. Sicher ist, dass eine seriöse Bestands-aufnahme dramatische Kapitallücken bei zahlreichen Instituten offenbaren wird. Die Grundidee, dass die EZB die etwa 130 größten Banken nach ein-heitlichen Prinzipien überwachen soll, wird an dieser Misere nichts ändern. Falls Mitgliedsstaaten wie Griechen-land, Zypern, Spanien und Portugal die Bankendefizite in ihren Ländern nicht ausgleichen können, wird man versu-chen, den vom Volumen überforderten Rettungsschirm ESM zu nutzen. Au-ßerdem wächst der Druck insbesonde-re Frankreichs auf die Bundesregie-rung, für die Bankenrettung zusätzli-che Fonds zu schaffen und die Einla-gensicherung der deutschen Institute anzuzapfen. Es bedarf wohl keiner Prophetie, dass die bisher ablehnende Haltung der Bundesregierung nach der Wahl einer angeblich alternativlosen Politik neuer Zugeständnisse weichen wird.

Taschenspieler
Der frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel rechnet in seinem neuen Buch „Die Euro-Lügner“ mit der „Taschen-spielertrick-Mentalität“ der Politiker ab. Zitat: „Das Raffinierte an den Euro-Lügen besteht ja darin, dass man sie nicht als solche erkennen kann. Sie klingen, als wären sie unbestreitbare Wahrheiten, zumal wenn sie von Auto-ritäten wie der Kanzlerin oder dem Euro-Gruppen-Chef ausgesprochen werden.“ Und sein Fazit lautet: „Die Euro-Zone in ihrer heutigen Form kann nicht funktionieren. Die Länder sind zu unterschiedlich, um sie in einen Ein-heitszins der EZB zu pressen. Für Deutschland ist der Euro zu schwach, für die Krisenländer zu stark.“ Den Hauptkriegsschauplatz sieht Henkel in Frankreich, das zur wahren Bedrohung für den Einheitseuro und die Wettbe-werbsfähigkeit Deutschlands gewor-den sei. Nicht die Schwachen würden sich den Starken anpassen, sondern umgekehrt gelte: Harmonisierung durch Nivellierung. Am Ende stehe die Schuldenunion, in der keiner mehr Verantwortung übernehmen müsse. Der Euro sei dabei, Europa zu spalten.

Im Steuerwahn
Für viele Bundesbürger ist die Wahl-entscheidung nur noch eine Frage des kleineren Übels. Das gilt vor allem dann, wenn wirtschaftlicher Sachver-stand erkennbar durch ideologische Verblendung und zur Schau getragenes Gutmenschentum ersetzt wird. Neue Maßstäbe setzen hier SPD und Grüne mit ihren Plänen zur Erhöhung von Steuern und Abgaben. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um die beiden Parteien, die kürzlich im Bundesrat die löbliche Absicht blockiert haben, die kalte Steuerprogression durch eine Anpassung der Steuertarife an die Inflation einzudämmen. Im ersten Halbjahr 2013 sind die Steuereinnah-men des Bundes um 3,5 % auf den Rekordwert von 277 Mrd. Euro gestie-gen. Gleichwohl will Rot-Grün im Falle einer Regierungsbildung Leistungsträ-ger und Unternehmen gewaltig zur Kasse bitten. So will man die Einkom-mens-, Erbschafts- und Grundsteuern sowie die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung deutlich er-höhen. Außerdem soll die Vermögens-steuer wiedereingeführt werden. Übersehen wird, dass dieser steuerpo-litische Amoklauf auch besser verdie-nende Mittelschicht-Familien erheblich treffen würde. Mittelständische Un-ternehmen würden – entgegen allen vernebelnden Sonntagsreden – sub-stanziell belastet und existenziell ge-fährdet. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat für eine durchschnittliche Kapitalgesell-schaft ruinöse Mehrbelastungen von 36 % errechnet. Der Verband der Fami-lienunternehmen sieht das deutsche Erfolgsmodell, die Wettbewerbsfähig-keit und den Wohlstand aller Bürger als bedroht an. Hinter vorgehaltener Hand behaupten rot-grüne Strategen, dass das Eurorettungs-Abenteuer die Erschließung zusätzlicher Finanzquel-len erfordere. Spätestens hier be-kommt der Wahnsinn Methode: Ist es wirklich sinnvoll, die Zukunft unserer Volkswirtschaft zu gefährden, um die längst hoffnungslose Euro-Retterei noch einige Zeit fortsetzen zu können?

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