Politik verkommt immer öfter zur Realsatire. Diesem Eindruck kann sich kaum verschließen, wer die abendliche TV-Präsentation der neuesten Sondierungsgespräche verfolgt. Da trotten die Generalsekretäre der vier beteiligten Parteien im Gänsemarsch vor die Mikrofone, um mit staatstragender Miene Selbstverständlichkeiten und Banalitäten zu verkünden.
Oft verfallen die Akteure in den bekannten Modus vergangener (oder vielleicht schon baldiger) Wahlkampfreden. Zentrale Intention ist dabei, den jeweils eigenen Parteigängern durch ideologisch beinharte Linientreue zu imponieren. Bereichert wird die Show durch regelmäßige Balkonauftritte der Verhandlungsführer, die sich im Blitzlichtgewitter herzen und umarmen, gute Laune versprühen und richtungsweisend auf die Kameras zeigen. Über zwei Wochen nach Beginn der Sondierungsgespräche wachsen die Zweifel, ob die Quadratur des Kreises überhaupt seriös und dauerhaft gelingen kann. Offenkundig himmelweite Diskrepanzen in Grundsatzfragen werden durch homöopathisch eingesetzte Sympathiebekundungen vernebelt. Wie diese vier Parteien bei wichtigen Zukunftsthemen wie Migration, Umweltschutz und Euro-Politik auf einen gemeinsamen Nenner kommen sollen, erscheint rätselhaft. Allenfalls bei der Vergabe lukrativer Ämter und Posten scheint die Phantasie von CDU, CSU, FDP und Grünen grenzenlos zu sein. Ein altgedienter Hauptstadt-Zyniker hat als Alternative empfohlen, die geschäftsführende Regierung unbegrenzt im Amt zu lassen, weil politische Untätigkeit immer noch besser sei als Jamaica-Chaos. Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Kommentars drängt sich der Eindruck auf, dass einer im Wege äußerst fauler Kompromisse entstehenden Vier-Parteien-Regierung wohl nur eine äußerst begrenzte Halbwertzeit beschert sein dürfte. Vor diesem Hintergrund erscheinen baldige Neuwahlen als das kleinere Übel.