Ein Zyniker hat in dem Zusammenhang von „Bestechungs-Demokratie“ gesprochen. Mit immer neuen sozialen Wohltaten versucht man, sich das Wohlwollen der Wähler zu erkaufen. Der diesbezüglich besonderes aktiven SPD scheint diese Anbiederungsstrategie bei den letzten Wahlen, nicht geholfen zu haben. Die alte Volkspartei erreichte mit 15,8 % ihr landesweit schlechtestes Ergebnis seit der Kaiserzeit. Sie hat 1,3 Mio.
Wähler an die Grünen und über 2 Mio. an das Lager der Nichtwähler verloren. Bei den Erstwählern landete die gute alte Tante SPD mit 7 % nur auf Rang 6. Die nach den Godesberger Beschlüssen einst staatstragende Partei, die sich heute offensichtlich nicht mehr dem Grundsatz „Erst das Land, dann die Partei“ verpflichtet fühlt, ist dabei, in die Bedeutungslosigkeit abzustürzen. Auch die Unions-Parteien laufen Gefahr, in den Strudel des Niedergangs zu geraten. Die Folgen für die politische und kulturelle Stabilität in Deutschland wären gravierend. Vor allem die Wahlergebnisse der SPD legen nahe, dass die meisten Wähler nicht länger bereit sind, sich durch „soziale“ Wohltaten manipulieren zu lassen, deren Finanzierung Staat und Gesellschaft schon bald vor unlösbare Probleme stellen wird. Den Politikern ist mehr Ehrlichkeit, langfristiger Gestaltungswille, Konsequenz und Geradlinigkeit ins Pflichtenheft zu schreiben. Wie lange sich die GroKo noch mit faulen Kompromissen wird durchmogeln können, steht derzeit in den Sternen. Neuwahlen sind unvermeidlich, auch wenn man sich der Erdrutsch-Risiken bewusst sein sollte. Nicht auszuschließen ist, dass sich die Republik in einigen Monaten – nach dem Bremer Modell – im Zugriff einer neuen Koalition aus Grünen, SPD und Linken wiederfindet. Das wäre dann ein Machtwechsel, dem wahrscheinlich ein Systemwechsel mit unabsehbaren Konsequenzen folgen würde.