Unabhängige Abgeordnete?

Eine desillusionierende und teilweise besorgniserregende Bilanz seiner parlamentarischen Arbeit zieht der CSU-Politiker Peter Gauweiler in einem bemerkenswerten Interview.

Der als überzeugter Freigeist bekannte Jurist, der 2015 aus Protest gegen die Euro-Rettungspolitik den stellvertretenden CSU-Parteivorsitz und sein langjähriges Bundestagsmandat niedergelegt hat, übt heftige Kritik an den Volksparteien: „Mittlerweile scheinen sie in einer Art Erfolgsdepression gefangen zu sein. Anfällig für Aberglauben jeder Art, mit einer politischen Sprache, die zerfressen ist von geheucheltem Mitleid und Schönfärberei. Und ohne jede Fantasie für die Zukunft. Es ist ein bisschen wie mit dem französischen Adel vor der Revolution von 1789.“ Und zum Selbstverständnis der Abgeordneten merkt er an: „Wo die eigene Meinung nur im Verborgenen gesagt wird, verkümmert die Demokratie. Die parlamentarische Politik – Politik als Richtungsbestimmung – ist dann keine öffentliche Sache mehr. Parlamentarier sind keine Parlamentsangestellten, die sich auch nicht so behandeln lassen dürfen. Heute werden die Mitglieder des Deutschen Bundestags täglich mit ihrer Abhängigkeit von den Fraktionsapparaten, dem Machtgefüge ihrer Parteien und der Regierung konfrontiert. Das wird immer peinlicher, vor allem wenn die Rettung nur in einem hemmungslosen Nach-dem-Munde-Reden oder Schweigen gesucht wird. Das ist eine Überlebensstrategie, die zu schweren Schäden an Leib und Seele führt.“

Related Articles