Zauber Europas

Nur ein Jahr nach Amtsantritt ist der französische Präsident mit dem Internationalen Karlspreis in Aachen ausgezeichnet worden. Macron nutzte das Forum zu einer Wiederholung seiner schon mehrfach vorgetragenen Forderungen nach einer „Vertiefung“ der EU.

Bemerkenswert war die rhetorische Raffinesse, mit der das strategische Kernziel einer schleichenden Transfer- und Schuldenunion durch pseudo-philosophische, blumige Euromantik vernebelt wurde. Europa dürfe keine „unvollendete Symphonie“ von gestern bleiben, sondern müsse eine „neue Partitur schreiben“. Man müsse die innere Kraft aufbringen, „dieses Europa wirklich zu wollen“. Damit gemeint ist eine Reform der Währungsunion, die unter anderem einen gemeinsamen Haushalt und einen europäischen Finanzminister vorsieht. Mit Blick auf Deutschland kritisierte Macron den „Fetischismus für Budget- und Handelsüberschüsse“. Mit anderen Worten: Er verlangt von der Bundesregierung auf Sicht die institutionalisierte Verlagerung der Budgethoheit von Berlin nach Brüssel. Erste Wegemarken sollen die „Vollendung der Bankenunion“ und der Ausbau des ESM zu einem europäischen Währungsfonds sein. Die Bundeskanzlerin hob in ihrer Laudatio ebenso ausweichend wie kryptisch hervor: „Wir hören einander zu und finden auch gemeinsam Wege. Das ist die Herausforderung und der Zauber Europas“. Abzuwarten bleibt, ob und wie lange die GroKo dem konzertierten Druck aus Paris, Brüssel und Teilen der SPD widerstehen kann bzw. will.

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